Wie lösen wir das Problem des Pflegenotstands angesichts einer alternden und stärker von Demenz betroffenen Gesellschaft? Eine Antwort auf diese Frage könnte das Forschungsprojekt Care4all-Initial sein. Wissenschaftler verschiedener Hochschulen arbeiten hier an einem Roboterassistenten, der als mobiler Nachtwächter in Seniorenheimen oder Kliniken eingesetzt werden könnte. Er soll Patienten überwachen, die dazu neigen, wegzulaufen oder sich selbst in kritische Situationen zu bringen. Einen Teil des Projekts trägt die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Dresden bei.
Forschung gehört zum Selbstverständnis
Eine Fachhochschule als Teil eines Forschungsverbundes ist in den Augen von Professor Knut Schmidtke nichts Ungewöhnliches: „Eine stärkere Hinwendung zur Forschung gehört bei uns eh zum Selbstverständnis“, sagt der Prorektor für Forschung und Entwicklung an der HTW. Das liegt unter anderem an den historischen Rahmenbedingungen: Die heutigen Fachhochschulen in den neuen Bundesländern waren vor der Wende häufig Technische Hochschulen mit Promotionsrecht und einer entsprechenden finanziellen und personellen Ausstattung. Die ist mit Eingliederung in das westdeutsche akademische System zwar weggefallen, aber an der Haltung hat sich dadurch nichts geändert. So steht zum Beispiel schon 1992 im Sächsischen Hochschulgesetz, dass nicht nur die Lehre, sondern auch die Forschung zu den Aufgaben der Fachhochschulen gehört. Eine Erkenntnis, die sich in den alten Bundesländern erst nach der Bologna-Reform in den 2000er-Jahren durchgesetzt hat – auch deutlich an der Umbenennung der alten Fachhochschulen in Hochschulen für angewandte Wissenschaften.
Mehr Drittmittel eingeworben
Dieser Vorsprung lässt sich auch in Zahlen festhalten, zum Beispiel anhand der Drittmittel. Das sind die zu Forschungszwecken eingeworbenen Gelder von Bund, Ländern und Europäischer Union sowie Unternehmen und Stiftungen, die über die Grundfinanzierung der Hochschule hinausgehen. Umgerechnet auf jede Professur an einer Fachhochschule ergeben sich laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt Drittmitteleinnahmen von 33.500 Euro. Die alten Bundesländer liegen mit rund 31.000 Euro pro Kopf knapp unter dem Bundesdurchschnitt, die neuen mit rund 47.000 Euro deutlich darüber.
Was aber nichts daran ändert, dass die Hochschule für angewandte Wissenschaften im Osten mit den gleichen schwierigen Bedingungen kämpfen wie die im Westen: der hoch angesetzten Verpflichtung zur Lehre und dem Mangel an Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Zeit“, sagt Knut Schmidtke, „ist für unsere forschungsaktiven Professuren der entscheidende Faktor.“ Und das beträfe immerhin 40 Prozent der Lehrenden an seiner Hochschule. Deshalb bemühe sich das Prorektorat für Forschung und Entwicklung um einen möglichst guten Service. Man versuche, den Forschenden viel Verwaltungsarbeit bei der Antragstellung und Abrechnung von Forschungsprojekten abzunehmen. „Dadurch“, ist Schmidtke überzeugt, „konnten wir unsere Drittmittel seit 2015 von 7,6 Millionen auf über 12 Millionen steigern.“
Richtige Ansprechpartner für Unternehmen
Und das, obwohl die Hochschulen im strukturschwächeren Osten in Sachen Industriepartner nicht besonders gut aufgestellt sind. In Sachsen löst man dieses Problem im Verbund. Saxony5 (sprich: Saxony high five) ist ein Netzwerk der fünf sächsischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Mittweida, Zwickau, Zittau/Görlitz, Dresden und Leipzig. Sie kümmern sich gemeinsam darum, dass Forschungsergebnisse den Weg in Industrie und Gesellschaft finden, anstatt in Schubladen zu verstauben. „Bei den sächsischen Unternehmen ist inzwischen bekannt: Wenn ich zu einem bestimmten Problem eine Lösung suche, dann sind die Fachhochschulen der richtige Ansprechpartner“, sagt Hans-Georg Wagner, Geschäftsführer von Saxony5.
In Konkurrenz zu den Universitäten sieht sich Knut Schmidtke damit nicht: „Der Bedarf an Innovation in unser Gesellschaft ist so groß, dass es für alle genug zu tun gibt. Und wir brauchen diese Innovationen, um uns wirtschaftlich international zu behaupten.“