Schon seit vielen Jahren setzt sich der Hochschullehrerbund hlb für den Aufbau eines akademischen Mittelbaus an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) ein. Dieser wurde nun in den Hochschulverträgen für 2018 bis 2022 in Berlin festgeschrieben. Sie gelten für alle vier staatlichen Fachhochschulen in der Hauptstadt.
Zur Verfügung steht ein Budget für bis zu 0,25 Stellen pro Professur. Es ist einsetzbar für befristete Qualifizierungsstellen im Rahmen einer kooperativen Promotion mit den Aufgabengebieten Forschung und Lehre und einer Lehrverpflichtung von 4 Semesterwochenstunden. Darüber hinaus können unbefristete Funktionsstellen für wissenschaftliche oder künstlerische Dauerdienstleistungen und Stellen in Wissensmanagement und -administration finanziert werden.
Forschungsleistungen wachsen kontinuierlich
Es sind vor allem drei Entwicklungen der letzten Jahre, die die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin bewegt haben, diesen klaren Schritt zu gehen: Erstens ist die Bedeutung der HAW in Berlin stark gestiegen. Inzwischen werden über die Hälfte aller Bachelor- und rund ein Drittel der Master-Abschlüsse an den dortigen staatlichen Fachhochschulen abgelegt. Zweitens sind zahlreiche innovative Studiengänge in teils neuen Wissensgebieten entstanden. Und drittens wachsen die Forschungsleistungen und Kooperationen mit Unternehmen und Organisationen kontinuierlich.
Herausforderungen sind zu meistern
Auch wenn alle HAW diesen Schritt begrüßen, birgt der Aufbau eines akademischen Mittelbaus in Berlin Herausforderungen. So muss bei den befristeten Qualifizierungsstellen eine Kooperationsvereinbarung zur Promotion mit einer Universität vorliegen – eine Hürde, die nicht immer leicht zu nehmen ist. Für die Freistellung der betreuenden Professorinnen und Professoren ist ebenfalls noch keine durchgängige Lösung gefunden. Bei den unbefristeten Funktionsstellen für wissenschaftliche Dauerleistungen, die einen Anteil von mindestens 35 Prozent haben sollen, sind unter anderem große Forschungslabore eine wichtige Voraussetzung, von denen es in Berlin jedoch nur wenige gibt. Deshalb wurden Dauerstellen bisher vor allem in Wissenschaftsmanagement und -administration geschaffen.
Eigenes Promotionsrecht steht im Vordergrund
Dennoch: Die Chancen übersteigen bei Weitem die Risiken. Trotzdem muss an einigen Stellschrauben noch gedreht werden. Dabei steht das eigene Promotionsrecht für forschungsstarke Bereiche an HAW im Vordergrund, um bei kooperativen Promotionen die Abhängigkeit von Universitäten zu vermeiden. Weitere wichtige Themen sind die Schaffung einer Lehrermäßigung für die Betreuung von Promotionen an HAW und die Überprüfung des Prozentsatzes der unbefristeten Wissenschaftsstellen.
Gekürzte Fassung eines Beitrags von Prof. Dr. Anne König, Vorsitzende des hlb Berlin und Professorin für Betriebswirtschaftslehre, Druckindustrie und Verlage am Fachbereich Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften Beuth Hochschule für Technik Berlin
Lesen Sie hier das vollständige Interview Prof. Dr. Anne König.