Zu welchen Themen forschen Sie?
Seit gut 25 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit Künstlicher Intelligenz, vor allem mit Machine Learning. Es geht darum, aus bestimmten Daten Wissen zu extrahieren, etwa durch Bild-, Sprach- oder allgemein gesprochen Mustererkennung. Das Thema begleitet mich seit meiner Promotion. Damals forschte ich zu künstlichen neuronalen Netzen, also zu selbstlernenden Systemen. Später habe ich in der IT-Branche in mannigfaltigen Themengebieten gearbeitet, mich zum Beispiel bei Ericsson mit der Spracherkennung und Sprachsynthese befasst. Dann habe ich bei Microsoft mithilfe großer Rechencluster, mit anderen Worten High Performance Computing, zu unterschiedlichen Forschungsthemen meine industrielle Tätigkeit fortgesetzt.
Warum sind Sie nach der Promotion in die Wirtschaft gewechselt?
Mit meiner Dissertation war ich am Puls der technischen Entwicklung, weil ich nicht nur theoretisch geforscht, sondern auch Anwendungsszenarien konzipiert und implementiert habe, die in unserem Alltag immer wichtiger werden. Thematisch ging es beispielsweise um Abstandsregelungen von Autos oder den regionalen Energieverbrauch. Ich habe für internationale Konzerne gearbeitet. Bei Microsoft war ich an der Schnittstelle zu den deutschen Forschungsinstitutionen und Universitäten tätig und habe den Aufbau der Academic Relations vorangetrieben. Zusätzlich hatte ich viele Lehraufträge. Mein Kontakt zum akademischen Betrieb war eng und es war für mich keine Frage, dass ich irgendwann an die Hochschule zurückgehe.
Wie sieht heute Ihr Hochschulalltag aus?
Rund 80 Prozent der Zeit, die ich an der Hochschule präsent bin, wende ich für Lehre und alles, was dazugehört, auf. Die gute Betreuung meiner Studierenden liegt mir am Herzen und sie ist sehr zeitintensiv. In der Vorlesungszeit bin ich drei bis vier, häufig aber auch fünf Tage vor Ort. Zusätzlich zu den 18 Stunden Lehre pro Woche im Semester kommen die Selbstverwaltung und die Koordinierung von Mitarbeitenden. Darüber hinaus werden bei interessanten Ausschreibungen auch mal Drittmittelanträge geschrieben. Viel Zeit für Forschung bleibt da nicht. Forschung muss ich in meiner Freizeit betreiben. Auch der Wissensaustausch mit Kolleginnen und Kollegen kommt viel zu kurz. Vom gesellschaftlichen Transfer meiner Arbeit ganz zu schweigen – der ist aufgrund der Belastung beziehungsweise Überlastung mit 18 Semesterwochenstunden fast nicht zu leisten.
Was erhoffen Sie sich von der hlb-Kampagne?
Es ist richtig und wichtig gewesen, dass der Forschung durch Gesetzesnovellierungen eine bedeutende Rolle im Bildungsauftrag der Hochschulen für angewandte Wissenschaften zugewiesen wurde. Doch die Rahmenbedingungen hierfür sind nie avisiert und angepasst worden. Mit der Kampagne möchten wir die Politik auf das enorme Potenzial dieser Hochschulen aufmerksam machen. Neben angewandter Lehre wollen wir angewandte Forschung betreiben. Das geht gewiss nur durch Lehrentlastung.
Außerdem wollen wir mit der Kampagne der Öffentlichkeit verdeutlichen, dass mit einer Professur ein hohes Maß an Verantwortung für professionelle Arbeit einhergeht, die gesellschaftlich in höchstem Maße relevant ist. Dies gilt insbesondere für meinen Forschungsbereich, die Künstliche Intelligenz. Es braucht strukturelle Veränderungen, um fach- und hochschulübergreifende Kooperationen zu ermöglichen. Nur so können wir mit unseren Forschungsthemen in kleinen und mittelständischen Unternehmen genauso wie in großen Konzernen sichtbar werden und sicherstellen, dass unser Know-how in der Wirtschaft ankommt. Wir brauchen schlichtweg mehr Zeit und Freiraum, um unser kreatives Potenzial voll ausschöpfen zu können.